Der beste Kirsch braucht keine Werbung

Die Gewinnerin des 2. Concours du Praliné à l’eau-de-vie steht fest: Ursula Schmid von der Confiserie Speck in Zug hat die Jury mit ihrer Kreation «Little Pear Crumble» überzeugt. Die weiteren Podestplätze gehen in den Thurgau und nach Zürich.

22. April 2022

Marketing, Design, Öffentlichkeitsarbeit? Die Bauernhofbrennerei Röllin in Baar ZG fokussiert sich auf eines allein: den perfekten Kirsch. Und weil das nicht ohne Natur- und Landschaftsschutz geht, sind ihnen ihre Hochstammbäume ebenso wichtig.

Stets auf den besten eingestimmt

Stellt man sich einen Brennmeister alter Schule vor, mit Hermann Röllin stünde er vor einem. Kein reich geschmückter Internetauftritt, keine geistsprühende Marketingkampagne, keine agenturdesignte Etiketten. Sondern den totalen Fokus auf das, was ist. Und das, was ist, ist Kirsch. Logisch eigentlich – im Kirschenland Zug. Dafür schlägt Hermann Röllins Herz, dem Altmeister. Und das von Ehefrau Erika und Sohn Armin, dem Jungspund. Denn die Bauernhofbrennerei Röllin ist ein Familienunternehmen.

Und würde dieses Familienunternehmen nun für ihre Produkte werben – für den «Zuger Wildkirsch» etwa, «Ramsler» oder den «Tiefenbächler» –, ihr Telefon stünde wohl nicht mehr still. So kauft man hier in Notikon bei Baar ZG nämlich noch ein: direkt ab Hof oder per telefonischer Bestellung. «Der beste Kirsch braucht keine Werbung», sagt dazu ein augenzwinkernder Hermann Röllin.

Den besten Kirsch zu brennen, nichts Geringeres ist das Bestreben der Röllins. In der Kirschhochburg Zug. Und wohlwissend, dass die flüchtigen Kirscharomen einzufangen und in der Flasche zu bannen etwas vom Anspruchsvollsten ist, dessen sich ein Brenner stellen kann. «Beim Kirsch ist es wie beim Singen: Man muss sich immer auf die Besten einstimmen», sind sich Vater und Sohn einig.

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36 Kirschsorten. Und das Röllinchriesi

Da hilft es, dass die Röllins auf niemanden angewiesen sind, um an ihre Rohstoffe zu kommen. Die Basis für ihre vielfach prämierten Brände legen sie nämlich gleich selbst. Auf fünf Hektaren gedeihen die  470 Hochstammbäume dafür, über 230 davon sind Kirschen, daneben: Zwetschgen, Äpfel, Birnen, Quitten, Mirabellen. «Bei uns», sagt Hermann Röllin schmunzelnd, «bekommt jeder Vogel seinen Anteil.»

Will heissen: «Mit unserem Verständnis von Landwirtschaft und Brennkunst produzieren wir nicht nur allerhöchste Qualität», erklärt Armin Röllin: «So schützen wir auch die Landschaft und leisten einen wichtigen Beitrag zur Biodiversität.» Eine Zahl unterstreicht das besonders deutlich: 36. So viele unterschiedliche Kirschensorten beherbergen Röllins Streuobstwiesen, darunter Rote Lauber, Dollenseppler oder Zopfchriesi. Sogar eine unregistrierte Sorte ist darunter, wild gewachsen, mittelgrosse Früchte, ein einziger Baum. Pragmatisch, wie sie in Notikon sind, nennen sie sie kurzerhand das «Röllinchriesi».

Aus diesen zahlreichen Sorten entstehen über 40 verschiedene Kirschbrände. Manche sind Sorten- und Jahrgangsrein, andere werden bis zur Perfektion verschnitten. Es sind heilige Momente, wenn Hermann Röllin in den Dachstuhl steigt – «in die Schatzkammer», wie er beschwörend sagt –, um mit handverlesenen Glasballons wieder aufzutauchen.

 

 

brenner, tüftler, alchemist

So beginnt die Magie, werden aus ohnehin ausbalancierten Destillaten noch ausbalanciertere Blends – und manchmal ebendieser beste Kirsch. Der «Zuger Wildkirsch», 2019 an der DistiSuisse mit Gold geehrt, mischte er aus Destillaten der Jahrgänge 2006 und 2014. Wie ein Alchemist tüftelt er dafür, pröbelt, verrührt, tastet sich heran – und probiert natürlich unentwegt. Über 400 Liter Kirsch habe er in seinem Leben getrunken, sagt er, zuckt mit den Schultern und grinst: «Und ich bin immer noch da».

Und das bleibt er auch, selbst mit 72 Jahren. Mit dem einzigen Auftrag: im Einklang mit der Natur den besten Kirsch zu erschaffen. Auf seinem Hof in Notikon, auf dem seit 1858 gebrannt wird und den sein Grossvater 1918 erwarb. Mit Armin Röllin, 39, steht nunmehr die vierte Generation am Brennhafen. Wie sein Vater ist auch er ein Brenner alter Schule: traditionsbewusst, naturverbunden – und stets dem besten Kirsch auf der Spur.

 

Das Bild oben stammt von Starfotograf Pit Buehler. Er fotografierte Hermann Röllin für sein 2017 erschienenes «Baarer Heimatbuch».

 Hier geht es zu Pit Buehlers Webseite

 

Kontakt

Bauernhofbrennerei Röllin
Notikon
CH-6340 Baar

Tel. +41 41 761 11 59

Email

DIE GEWINNERIN

Ursula Schmid hatte bereits an der ersten Austragung des Wettbewerbs im Jahr 2022 teilgenommen. Sie belegte damals den zweiten Platz. Erster wurde vor zwei Jahren ihr Produktionsleiter: Markus Waser. Das freut besonders Peter Speck, in dessen Confiserie in Zug beide arbeiten: «Ich bin sehr stolz auf die Leistung von Ursula Schmid!» Natürlich wird das Praliné ins Sortiment aufgenommen.

«Unser Herz schlägt für die Kirsche, aber wir können auch Birne!», meint er mit einem Schmunzeln. Die Schwyzerin Ursula Schmid freute sich sehr über den ersten Preis, umso mehr als sie nicht mit einem Sieg gerechnet hatte. Wenn Ursula Schmid von ihrem Beruf zu sprechen beginnt, spürt man ihre Leidenschaft. «Mir gefällt das Kreative. Hier kann ich dies ausleben! Es ist schön, kann ich mit den Kuchen, Torten und Pralinés den Menschen Freude bereiten.»

 

DIE RANGLISTE

1. Rang: Ursula Schmid von Speck Genuss AG in Zug mit «Little Pear Crumble»mit rotem Williams (40 % vol.) von der Brennerei Heiner’s Destillate in Zug.
Das Praliné überzeugt mit einer harmonischen und einzigartigen Verbindung von Ästhetik, Geschmack und Textur. Die Konsistenz vereint Knusprigkeit, Zartheit und Samtigkeit auf eine bemerkenswerte Weise. Darüber hinaus ist das Aroma perfekt ausgewogen.

 

2. Rang: Lucia Röllin von der Confiserie-Bäckerei Mohn AG in Sulgen (TG) mit «Poire W cristallisée» mit Brennmeister Willams, Möhl (40 % vol.) von der Mosterei Möhl in Arbon
Bei diesem Praliné steht die Willamsbirne im Mittelpunkt. Die süssliche und sanfte Note des Williamsbirnen-Aromas harmoniert perfekt mit der dunklen Schokolade.

 

2. Rang: Lucia Röllin von der Confiserie-Bäckerei Mohn AG in Sulgen (TG) mit «Poire W cristallisée» mit Brennmeister Willams, Möhl (40 % vol.) von der Mosterei Möhl in Arbon
Bei diesem Praliné steht die Willamsbirne im Mittelpunkt. Die süssliche und sanfte Note des Williamsbirnen-Aromas harmoniert perfekt mit der dunklen Schokolade.

 

Der Wettbewerb

Der Wettbewerb wurde zum zweiten Mal durchgeführt. Er wurde vom Schweizerischen Bäcker- Confiseurmeister-Verband (SBC – www.swissbaker.ch) und von DistiSuisse (www.distisuisse.ch), der wichtigsten Schweizer Spirituosen Prämierung, ins Leben gerufen. Initiant ist der renommierte Foodsensoriker und -journalist Patrick Zbinden.

Die Kriterien

Für den Concours du Praliné à l’eau-de-vie Williams durften ausschliesslich Williamsdestillate, die eaus Schweizer Rohstoffen hergestellt sind, verwendet werden. Die Jury beurteilte unter anderem das Äussere, das Aroma und den Geschmack sowie die Textur
der Pralinés. Darüber hinaus musste ein regionaler Bezug ersichtlich und das Storytelling nachvollziehbar sein.

Die Jury

  • Patrick Zbinden, Jurypräsident, Food-Journalist, unabhängiger Lebensmittel-Sensoriker und «Ambassadeur du pain et chocolat».
  • Victor Egger, AOP/DistiSuisse
  • Lisa Frunz, SBC-Zentralvorstandsmitglied und Verantwortliche Detailhandel, Confiserie Bebié in Luzern
  • Silvan Hotz, SBC-Präsident und Mitinhaber Bäckerei Hotz Rust in Baar
  • Jonas Inderbitzin, Acroscope
  • Peter Jauch, Präsident Schweizer Schnaps Forum
  • Nina Kobelt, Food-Journalistin Tamedia
  • Maximilian Niederberger, Carma in Zürich
  • André Richiger, Mitglied Schweizer Schnaps Forum
  • Rebekka Salzmann, Geschäftsführerin und mehrfach prämierte Barkeeperin
  • Juliana Thöny: Amtierende Weltmeisterin Konditorei-Confiserie, Hotel des Balances in Luzern
  • Naomi Wahl, Leiterin Chocolate Academy von Carma in Zürich
  • Florian Walpen, Vorstandsmitglied Schweizer Schnaps Forum
  • Sina Züger, Zweitplatzierte Konditorei-Confiserie SwissSkills 2022, Richemont Fachschule in Luzern.